Frauen in Führung: Gefangen zwischen Stereotypen

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Screenshot Beate Fleck

Online Workshop: Führung - Status - Wording

Eine der großen Herausforderungen für Frauen in Führungspositionen sind Geschlechterstereotype. Wir alle kennen unzählige Zuschreibungen von typisch männlichen oder weiblichen Verhaltensweisen. Oft ärgerlich, manchmal mit einem Funken Wahrheit – in jedem Fall aber Ausgangspunkt für leidenschaftliche Diskussionen. Genau das geschah im Online-Workshop „Führung – Status – Wording. Oder: Wer räumt hier die Spülmaschine aus?“, zu dem das Kompetenzzentrum Frau & Beruf im Rahmen der Reihe „Führung goes digital“ eingeladen hatte.

„Brüllt ein Mann, ist er dynamisch, brüllt eine Frau ist sie hysterisch.“, dieser Satz von Hildegard Knef beschreibt viel von dem Dilemma für Frauen in Führung. Wirken oder verhalten sich Frauen "typisch weiblich", dann entsprechen sie nicht den stereotypen Anforderungen an eine Führungsrolle. Agieren sie so souverän und dominant, entsprechen sie nicht mehr dem Rollenbild einer Frau, gelten eher als unsympathisch und sie ernten die Ablehnung und Feindseligkeit ihres Arbeitsumfeldes.

Stereotype und die gläserne Decke

Die Auswirkungen von Geschlechterstereotypen spiegeln sich in den niedrigen Frauenquoten in den Führungsetagen wider und sind als gläserne Decke ein wesentliches Hindernis für die Karriere von Frauen. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob Stereotype von außen eine Rolle zuschreiben oder die Selbstwahrnehmung und das eigene Verhalten beeinflussen. Stereotype bereiten den Weg für selbsterfüllende Prophezeiungen und als Ergebnis gehen Unternehmen und Organisationen wertvolle Potenziale verloren.

Im Workshop wurden drei Facetten von stereotypen Verhaltensweisen untersucht: Status, Sprache und Kommunikation sowie Führung und Karriere. Was ist dran an Sätzen wie ‚Männer agieren offensiv, Frauen defensiv‘, ‚Frauen haben keinen Bock auf „Haifischbecken“‘, ‚Frauen konkurrieren untereinander‘ oder ‚Männer greifen nach den Sternen, Frauen nach der Straßenlampe‘? Ist es wahr, dass Frauen Netzwerke weniger für den beruflichen Aufstieg nutzen und deutlich mehr leisten müssen, wenn sie aufsteigen wollen? Sind die Mentalitätsmuster von Männern in Führungspositionen die Hüter der gläsernen Decke?

Die ewige Frage nach den Kindern

Fragen und Beispiele für typischen Zuweisungen wie diese waren die Basis für intensive und lebhafte Diskussionen in drei Kleingruppen-Runden. Beobachtungen dazu haben fast alle der 27 Teilnehmerinnen gemacht. Wichtig war ihnen, das Frausein zu bewahren und zum Beispiel durch das Tragen von Farben auszuleben, um authentisch zu bleiben. Gleichwohl wurde deutlich, wie wichtig es immer wieder ist, genau hinzuschauen und zu unterscheiden, was Persönlichkeit und was Gender ist.

Aber nach Beobachtung vieler Teilnehmerinnen gibt es auch Grund zu Optimismus. Die ganz plumpen Anspielungen werden weniger oder zunehmend gut gekontert von den weiblichen Führungskräften. Auch Führungsstile und Unternehmenskulturen verändern sich und so sind typisch männliche Führungsweisen zunehmend negativ konnotiert. Dennoch werden nach wie vor überwiegend die Frauen gefragt, wie sie ihren Job mit den Kindern hinbekommen und nicht die Männer. Werden Männer für Familienarbeit und Kinderbetreuung überschwänglich gelobt, bleibt es für Frauen oft die Doppelbelastung.

Weniger fleißig arbeiten und mehr netzwerken!

In der abschließenden Umfrage zeigte sich, dass die Erfahrungen mit Stereotypen sehr unterschiedlich sind. Am zutreffendsten wurden zwei Aussagen bewertet: 1. dass Frauen deutlich mehr leisten müssen, wenn sie aufsteigen wollen und 2. dass Frauen Netzwerke weniger für den beruflichen Aufstieg nutzen.

Was lässt sich daraus als Fazit als Tipp für führungswillige Frauen ableiten: Weniger fleißig arbeiten und mehr netzwerken! Vor allem sollten Frauen das Engagement in Netzwerken sowie informelle Gespräche in der Teeküche auch als Teil ihrer Arbeit betrachten.

Unreflektierte Geschlechterstereotype sind natürlich kritisch zu bewerten. Allerdings ist es auch nur zu menschlich, die komplexe Realität in Schubladen zu fassen. Allerdings kommt es darauf an, eingefahrene Denkmuster immer wieder zu hinterfragen, zu thematisieren und aufzubrechen. Für die Besetzung der Führungsriegen ist der Abbau von Stereotypen ein entscheidender Schritt, vor allem aber eine große Chance für den Erfolg von Frauen und von Unternehmen. Der Online-Workshop hat vielleicht ein kleines Stück dazu beigetragen, so dass am Ende Chefs und Chefinnen gleichermaßen die Spülmaschine ausräumen.

Autor*in
Ursula Bobitka